Julante und die spanische Fliege im sonnigen Süden
Januar 2011
Tja Freunde, ihr habt es so gewollt (mit dem Schreiben), Tag 1 hat begonnen, wir sind am Aussortieren und Wegwerfen, zum Schluss sind 2 Kartons gepackt ... es nervt jetzt schon, aber das haben wir ja so gewollt (das Auswandern).

Und so geht es langsam voran, ein Stück nach dem anderen wird von uns verpackt und viele Erinnerungen kommen ans Tageslicht, die jahrelang im Verborgenen geschlummert haben. Allen uns wichtigen Personen wird spontan ein Stück zugeordnet, das wir ihnen hierlassen, als Erinnerung, das fällt viel leichter als alles in die Tonne geben. Natürlich wissen wir, dass Tränen fließen ,aber so extrem habe ich es mir nicht vorgestellt! Jeder Tag bringt mit jedem Stück einen kleinen Abschied, von Dingen, von Menschen, das ist hart, denn erst der Moment lässt die Emotionen hochkommen, man ist doch nicht vorbereitet, oh Tränen fließt.

Nach drei Wochen wurden dann die ersten Sachen schon abgeholt, alles auf Palette, und es war schön, mal wieder etwas Platz zu haben, denn in unserer kleinen Wohnung konnten wir uns vor lauter Kartons fast nicht mehr bewegen. Ohh, wenn es doch bald vorbei ist! Hätte ich damals schon gewusst, was auf uns zukommt, ich weiß nicht so recht, gut, dass wir ahnungslos und voller Tatendrang waren! Und immer wieder müssen Sachen hier bleiben, die wir Gott sei Dank uns lieb' gewordenen Menschen überlassen können, sogar die Pflanzen haben alle einen Abnehmer gefunden (und es geht ihnen allen noch gut). Eine unglaublich zuverlässige Hilfe ist uns wieder einmal unser aller Padde, der stille Helfer in jeder unserer Notlagen, gut, dass er für uns da ist ,so war vieles einfach. "Alles was Ihr nicht mit nehmt, lasst einfach stehen, ich kümmere mich darum!" Perfekt für uns und eine große Beruhigung, kann man sich ja vorstellen, denn wer uns kennt weiß, was für einen Stress es gegeben hat, caramba!
Danke Padde.

Mit diesen Worten fängt das kleine goldene Buch (von den Schlumpis mit den Worten, "Nun musst Du schreiben!" übergeben), von Julante (danke Patricio!) an, und glaubt mir ich bin froh, viele Dinge vorher nicht gewusst zu haben, z.B. der Überfall mit dem Autoaufbruch gleich am Anfang hier in Spanien. Das war echt Hardcore, könnt ihr alle glauben, obwohl wir beide ja nicht zimperlich sind, das ist uns an die Nieren gegangen, und nicht nur weil auf einmal alles weg war, nein, der Übergriff als solcher ist einfach unvorstellbar. Die Ohnmacht bringt einen zum Kreischen vor Wut ... und man kann einfach nichts machen! Dann das Suchen nach der zuständigen Polizeidienststelle, mit den angeschlagenen Nerven und der kaputten Scheibe, ein harter Ritt, stundenlang warten und dann erzählen und beim Aufzählen der gestohlenen Sachen wieder und wieder Tränen! Und alles, weil wir einen kleinen Moment nicht aufgepasst haben und uns in Sicherheit gewiegt haben ... sehr dumm, und der Preis war hoch. Gott sei Dank haben wir aber unser Leben behalten und, wie wir später erfahren haben, ist das nicht selbstverständlich! Gracias a Dios und unsere Schutzengel! Sicher ist der komplette Familienschmuck nicht zu ersetzen, alles andere aber schon, und das zählt. Zusammen mit dem Umstand, dass es uns heute wieder gut geht. Außerdem hat mein Süßer nun wieder viele Gelegenheiten, meinen Schwund (Schmuck von ihm der letzten 20 Jahre) wieder aufzufüllen. Frau denkt ja doch irgendwie auch praktisch.

Als wir dann nach einer durchgefahrenen Nacht völlig fertig hier ankamen, konnten wir uns trotzdem ein bisschen über unser neues Domizil freuen. Erst mal schlafen, aber mehr als drei Stunden wurden es doch nicht und dann ging's los! Es war warm (leider nur drei Tage) und ich war bereit, aber mein Liebster nicht! Der war nämlich so durch den Wind, dass es fast zwei Stunden gebraucht, hat ihn zum Einkaufen zu kriegen! Nun bin ich ja in diesen Dingen sehr bewandert, also haben wir das auch hingekriegt, aber es war mühselig! Dann kam die Kälte, unglaublich, aber ausgerechnet in diesem Jahr war der Februar sehr warm und jetzt kamen die kalten Tage, aber wie! Vor allen Dingen dachte ich ja ich käme in den Sommer, und nun dieses! Wir haben so gefroren, dass uns unsere Nachbarn erst einmal in ihr warmes Haus zu einem Glas Wein eingeladen haben. Natürlich wurden es ein paar Gläser, und wir sind sehr beschwingt und aufgewärmt nach Hause gegangen. Dann haben wir erst einmal eine elektrische Heizung benutzt. Als ein paar Tage später die Klimaanlage installiert wurde, hatte das Zittern hatte ein Ende.

Ja, es kam wirklich alles auf einmal zusammen auf uns nieder, und wir mussten eins nach dem anderen in Angriff nehmen. Auto in die Werkstatt, Haus einigermaßen wohnlich machen (unsere Sachen kamen erst drei Wochen später), Bauarbeiten wie Carport und Gitter vornehmen und wieder auf die Beine kommen, denn vor allen Dingen die spanische Fliege hatte es ganz schön erwischt (abgesehen von den fehlenden Medikamenten, danke an Leni die sofort neue geschickt hat!). Gott sei Dank ist er sehr stark, und er hat sich sogar nach einigem Hin und Her zum Arzt bewegt! Wenn ich das jetzt so nieder schreibe kann ich gar nicht glauben, wie gut es uns geht! Der Don ist gerade wieder auf Tour und es schön, ihn so zu sehen, denn die letzten Jahre in Deutschland waren ja wirklich kein Zuckerschlecken, und die Tage des Lachens waren eine Rarität. Ganz im Gegenteil hier, meistens wird den ganzen Tag in irgendeiner Form gelacht und Spaß haben wir allemal. Die Leute sind entspannt, selbst wenn es mal Ärger gibt ... ist schon sehr anders hier! Allein das Klönen am Gartenzaun, immer wenn jemand vorbeikommt, macht richtig Spaß und wir werden am Tag locker unsere Wörter los (männlich ca.15.000, weiblich seehr viel mehr!).

Tja ,und nun ist doch tatsächlich das kleine goldene Buch vollgeschrieben, es passt nichts mehr hinein! Wir sind jetzt ein halbes Jahr hier und haben so viel erlebt, es kommt mir immer noch alles so unwirklich vor, obwohl ich jeden Tag den Beweis habe, dass es wahr ist. Morgens scheint schon die Sonne und weckt uns, sie bleibt auch den ganzen Tag da. Stellt Euch mal vor, seit über 2 Monaten keinen Regen ... natürlich sind wir immer fleißig am gießen, deshalb gedeiht hier auch alles so prächtig! Unsere Bougainvillea mussten wir schon wieder zurückschneiden, dieses Mal aber ordentlich, denn auf die Terrasse oben hatte sie schon einen Übergriff gestartet, und unten brauchten wir vor lauter Überhang keinen Sonnenschirm mehr! Naja, wer den Meister der Hecken- und Rosenscheren kennt weiß ja, wie das vor sich geht! Wenn ich noch an den ersten Rückschnitt meines wunderbaren Oleanders (rot und weiß) denke ... als der ab war, obwohl ich mich nur kurz umgedreht hatte, bin ich vor Wut erst mal auf's Rad und für zwei Stunden abgehauen, ans Meer und so, sollte er doch mal darüber nachdenken ... hat er natürlich nicht und ich kann heute darüber lachen, denn hier wächst alles so schnell und gesund, da brauche ich mir wirklich keine Sorgen zu machen und lasse meinen Schatz schnippeln. Das Klima ist einfach fantastisch, trotz der Hitze momentan fühlen wir uns viel besser, als im überwiegend kalten und regnerischen Hamburg. Dieses einmalige Mikroklima (Europas größte Salzseen liegen hier) ist genau das, was wir beide so dringend gebraucht haben, man kann hier wirklich durchatmen. Und das naheliegende Meer bringt mich jeden Tag zum Strahlen, habe ich es mir doch immer so sehr gewünscht! Ich hoffe wir können noch lange Zeit unser jetziges Glück genießen, es ist einfach zu schön!